The Antibody Society, scicomvisuals.com

BioNTech: Bispezifischer Showdown auf ESMO

Aktuelle Studienergebnisse von Summit Therapeutics/Akeso machen Schlagzeilen bei Lungenkrebs. Doch was hat das mit der BioNTech SE in Mainz zu tun? Wenn man genauer hinschaut sehr viel. Denn auf der kommenden europäischen Konferenz der Europäischen Vereinigung der klinischen Onkologie (ESMO) könnte es zum Showdown der beiden Wettbewerber mit ihren bispezifischen, sehr ähnlichen Antikörperkonstrukten kommen.

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Standards, die sich niemals verändern dürfen, nennt man wohl Gebote. Und darüber wachen Personen, die die Unveränderlichkeit zum Prinzip ausgerufen haben. Wissenschaft verhält sich eher wie der alte Heraklit: immer im Fluss. Gerade bröckelt wieder so ein – recht junger – Standard, nämlich die Vormachtstellung des Antikörpers Keytruda (Pembrolizumab), der als PD-1-Blocker die Attacke gegen den Krebs am Laufen hält und seit seiner Zulassung 2014 als einer der ersten Checkpoint-Inhibitoren einen gewaltigen Blockbuster-Status erreicht hat: jährlich sorgt er für die Firma Merck (USA) für einen Umsatzerlös oberhalb von 20 Mrd. US-Dollar.

Gerade sorgt nun ein bifunktionaler Antikörper für Furore, der sowohl PD-1 als auch VEGF blockiert und damit gleichzeitig die Immunzellen kampfbereit hält und dem Tumor die Versorgungsbahnen abklemmt. Dieser bispezifische Antikörper stammt aus einem Labor in China und der Erfinderschmiede des Biotech-Unternehmens Akeso aus der Region um Hong-Kong. Die Firma Akeso verbrüderte sich für die weitere klinische Entwicklung dieses Antikörpers mit der kalifornischen Summit Therapeutics und berichtete nun über einen Studienerfolg im nicht-kleinzelligen Lungenkrebs – im direkten Vergleich zu einer Behandlungsgruppe mit Keytruda alleine. Dies ist deswegen für die Mainzer BioNTech relevant, weil auch sie ebenfalls in China einen Antikörper-Kooperationspartner gefunden hatte, der bispezifische Moleküle im Bereich der Immunonkologie entwickelt. Im November 2023 erwarb BioNTech von Biotheus (aus Nantong bei Shanghai) einen bispezifischen Antikörper gegen fortgeschrittene solide Tumore für eine Vorauszahlung von 55 Mio. US-Dollar bei einem potentiellen Wert von über einer Milliarde US-Dollar, wenn die Zulassung erfolgen sollte. Dieser Deal war einer aus einer Reihe von Onkologie-Partnerschaften, die BioNTech mit chinesischen Biotech-Unternehmen eingegangen ist, die wesentlich die nun in vielen zulassungsrelevanten späten klinischen Entwicklungsphasen stehende Pipeline der Mainzer prägen.

Die klinische Studie mit Biotheus‘ bispezifischem Antikörper gegen PD-L1 (also dem Gegenstück von PD-1, aber in der Wirkung vergleichbar zum Ansatz von Summit/Askeo) auch in der Kombination mit einem Anti-VEGF-Arm dieses Antikörpermoleküls wird von BioNTech auf dem ESMO-Kongress mit Daten aus frühen Stadien von I/IIa/b-Phasen präsentiert werden und dabei verschiedene Indikationen wie Nierenkrebs, Lungenkrebs und dreifach-negativem Brustkrebs beleuchten. Beobachter erhoffen sich dennoch auch von den frühen Daten Aufschlüsse darüber, ob ein weiterer bispezifischer Antikörper nahe an Keytruda herankommt oder diesen übertreffen kann. Die Versuche der Kombination von diversen einzelnen Antikörpern in einem Ansatz waren jedenfalls bisher nicht wirklich überzeugend. Das Sicherheitsprofil der bispezifischen Optionen wird also sehr genau bobachtet werden und auch, ob dieser Weg insgesamt vielversprechend aussieht. Die Kooperation mit China ist in diesem Fall auch aus anderen Gründen wertvoll. Nicht nur findet ein Großteil der klinischen Onkologie-Studien dann wiederum in China statt, auch ist die dortige Zulassungsbehörde für Innovationen besonders offen. Der bispezifische Antikörper von Summit/Akeso ist in China bereits zugelassen, BioNTech-Partner Biotheus startet in eine Phase III-Studie für sein bispezifisches Molekül, während BioNTech selbst noch die Datananalyse abwarten will, bevor man wohl im kommenden Jahr eine globalere Studie folgen lässt. China scheint also schon einen Schritt weiter in der Klinik zu sein.

Akeso behauptet vielleicht auch deshalb von sich recht selbstbewusst, die „breiteste Onkologiepipeline Chinas“ in der klinischen Entwicklung zu haben, weil es dort schneller vorangeht. Doch auch BioNTech hat gerade einige Pferde im Rennen und hofft, mit den chinesischen Partnerschaften einmal auf das Gewinnerpferd gesetzt zu haben. Die ESMO wird etwas Aufklärung liefern und findet vom 13. bis 17. September in Barcelona (Spanien) statt.

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